Das Gebiet des heutigen Deutschherrnviertels lag außerhalb der Stadtmauer Sachsenhausens. Bis zum Bau des Schlachthofs gab es hier vor allem Wiesen, die zum Bleichen der Wäsche genutzt wurden. Ein Fußweg führte von Sachsenhausen zur Gerbermühle, er entspricht in etwa der heutigen Gerbermühlstraße. Ihn ist Goethe oft gegangen.
(Bleichwiese vor den Toren von Sachsenhausen (vermutlich in der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts), gemalt von einem unbekannten Künstler. Die abgebildete Bleichwiese lag wenige Meter vor dem heutigen Deutschherrnviertel. Man sieht die Stadtmauer mit dem Kuhhirtenturm. Daneben das Deutschordenshaus, hinten rechts die Alte Brücke)
Auf den Wiesen lagen Stoff, Bettwäsche und Tücher aus. Durch dieses natürliche Verfahren der „Rasenbleiche“ bekamen die Gewebe einen helleren Weiß- oder Farbton. Der Nachteil: die Bleichzeit war recht lang, sie konnte 6 bis 8 Wochen dauern. Das Ziel war erreicht, wenn der Stoff gelb bis weiß aussah. Die beste Bleichzeit war der Sommer, Bleichsaison war etwa von April bis Oktober. Auf den Bleichwiesen standen einige Wasch- und Trockenhäuser.
In den Wintermonaten wurden die Bleichwiesen regelmäßig überschwemmt, häufig nach viel Regen in Verbindung mit der Schneeschmelze. Bis zum Ende des 19. Jahrhunderts fror der Main in jedem zweiten Jahr über seinem gesamten Lauf zu, frühestens im November und spätestens im Januar. In den sechziger Jahren des 20. Jahrhunderts hatte der Main in Frankfurt zum letzten Mal eine geschlossene Eisdecke, seitdem durch Flussregulierung und Aufheizung (durch Industrieanlagen) nicht mehr. Wenn Eisgang und Hochwasser zusammenkamen, gab es die meisten Schäden.
Die verheerendste Überschwemmungskatastrophe gab es jedoch in einem Sommer. Im Juli 1342 traf Frankfurt das „Magdalenenhochwasser“, das das Umland zahlreicher Flüsse Mitteleuropas heimsuchte. In Frankfurt erreichte der Pegel am Eisernen Steg 7,85 Meter. Äcker und Wiesen wurden verwüstet, die Ernte weitgehend vernichtet. Ganz Sachsenhausen stand unter Wasser.