1882 wurde mit dem Bau des Schlacht- und Viehhofs begonnen. Weil es kaum feste Häuser auf den Bleichwiesen gab, musste wenig abgerissen werden.

Bislang war der Viehhof in der Allerheiligenstraße und damit mitten in der Stadt angesiedelt. Weil es dort keinen Bahnanschluss gab, musste das Vieh zunächst durch die Stadt getrieben werden, bis es den Viehhof erreichte. Dort fand immer montags der Viehmarkt statt. Geschlachtet wurde im Schlachthaus in der damaligen Schlachthausgasse (nahe Römer). An dieses Schlachthaus erinnert ein Pferdekopf in der U-Bahn-Station Römer.

Die Kapazitäten des früheren Viehmarktes und des Schlachthauses reichten kaum aus, um der wachsenden Stadt (inzwischen hatte Frankfurt ca. 150.000 Einwohner) sowie selbst den damaligen hygienischen Ansprüchen gerecht zu werden. Außerdem machte die räumliche Trennung von Viehhof und Schlachthaus wenig Sinn. Beide Funktionen wurden zusammengelegt.

Am 1. November 1885 wurde der neue Schlachthof eröffnet. Der Viehhof hatte schon gut ein Jahr vorher die Tore geöffnet. Zusammen umfasste der Schlacht- und Viehhof über 41.000 Quadratmeter. Nun gab es einen guten Bahnanschluss. Es gab heißes Wasser direkt aus der Leitung, Trichinenbeschau und Kühlräume. Das war hygienisch und praktisch. Die Deutsche Bauzeitung schwärmt in einem kirchenähnlichen Jargon von den neuen Stallungen: „Die dreischiffig angeordneten Ställe selbst sind hohle Räume – bis unter Dach; zur besseren Beleuchtung und Lüftung desselben ist das Mittelschiff etwas höher geführt und mit Licht- und Luftöffnungen versehen.“ (DB vom 14.1.1888, S. 17 f.).

Einige Jahre vorher wurden die Obermmainbrücke (die heutige Ignatz-Bubis-Brücke, die damals bald „Metzgerbrücke“– wegen der Nähe zum Schlachthof – genannt wurde), der Deutschherrnkai und der Tiefkai gebaut.

Der Bau des Schlacht- und Viehhofes dauerte länger und wurde teurer als geplant. Dabei waren die Probleme vorherzusehen, denn sie waren der direkten Lage am Main geschuldet. Um die Bauten vor Hochwasser zu schützen, musste man den tiefen Baugrund auffüllen. Er lag zuvor auf dem Niveau des heutigen Tiefkais und wurde für die Bauten um bis zu sechs Meter aufgeschüttet. Das wurde teuer. Insgesamt kostete der Vieh- und Schlachthof knapp 1,9 Millionen Mark.

ISG_SA1998_16007

(Anzeige für den Schlachthof, 1928, Institut für Stadtgeschichte Frankfurt am Main, S7A1998/16007, Weitere Bilder)

1933 wurde in ganz Deutschland ein Verbot des rituellen Schächtens erlassen. Jüdinnen und Juden gründeten eine „Zentrale für Schächtwesen“, die eine Genehmigung zum Import von koscherem Fleisch erreichte. Der Schlachthof wurde zur Verteilstation für die jüdischen Metzger der Stadt und der Umgebung. 1938 wurde auch dies verboten.

Seit seiner Eröffnung wurde der Schlacht- und Viehhof öfters modernisiert und erweitert. Immer mehr Einwohner waren zu versorgen und immer industrieller wurde gearbeitet. So wurde 1969 ein Schlacht-Fließband mit einer Länge von 54 Metern in Betrieb genommen. Wöchentlich konnten an diesem Band bis zu 1.200 Rinder geschlachtet werden. 1963 wurden für je 5 DM 200.000 Schweine geschlachtet.

Vielen Frankfurterinnen und Frankfurtern ist noch die Schlachthofgaststätte in Erinnerung. Dort gab es einen Veranstaltungssaal mit einer Bühne, der mehrere hundert Gäste fasste. Die Gaststätte war für ihre Livekonzerte bekannt. Bands wie „Fats & his Cats“, „Merlins Fantasy Farm“ oder die „Barrelhouse Jazzband“ hatten dort legendäre Auftritte. Der Hessische Rundfunk drehte hier regelmäßig seine Sendereihe „Live aus dem Schlachthof“.

1982 wurde der Viehhof geschlossen. Es wurde Raum frei, der übergangsweise alle 14 Tage für einen Flohmarkt genutzt wurde. Man träumte aber von einem neuen Wohngebiet neben dem Schlachthof. Damit dieser möglichst wenig Platz einnahm, eröffnete 1988 ein kleinerer Schlachthof, der „Kompaktschlachthof“ genannt wurde. Er hatte mindestens 45 Mio. DM gekostet, doch war nur wenige Jahre im Betrieb. Knapp fünf Jahre – dann wurde auch dieser Kompaktschlachthof geschlossen. Er wurde somit zu einem Beispiel von Investitionswut nach dem Motto „Wir haben es ja“.

Warum wurde der Schlachthof bzw. Kompaktschlachthof geschlossen? Es wurde viel aus anderen Bundesländern geschlachtet. In den 1980er-Jahren kamen über 10 % der Schweine aus Bayern. Einige Prozent kamen aus Niedersachsen. Einige Schweine kamen aus NRW oder Rheinland-Pfalz. Sie wurden fürs Töten durch das ganze Bundesgebiet kutschiert. Diese Tiertransporte wurden durch gesetzliche Regelungen neu reglementiert. Die Einnahmenseite des Schlachthofs wurde immer schwieriger, Zudem wurde ein Schlachthof immer weniger gebraucht – in Frankfurt gibt es immer weniger Bauern. Schließlich wurde der Hof durch eine neue Regelung, nach der er eine neue Kläranlage gebraucht hätte, weiter unwirtschaftlich.

Letztendlich war es auch eine Frage der politischen Mehrheiten. Die SPD wollte schon in den 80ern des letzten Jahrhunderts ein „Wohnen am Fluss“ realisieren und den Schlachthof verlegen. Seit 1989 hatten die Sozialdemokraten nun wieder das Sagen im Römer. Die Wünsche für ein neues Wohngebiet konnten realisiert werden.

Immerhin wurde der räumlich verdichtete und immer noch neue Kompaktschlachthof nicht nur abgerissen, sondern südwestlich des Urals komplett wieder aufgebaut. Der Verkauf an die russische Republik Tatarstan brachte 2,3 Mio. DM.

DenkmalSuedfriedhofFleischerInnung

(Das Einzige, was vom Schlachthof in Frankfurt blieb: die Gedenktafel der Fleischerinnung zur Erinnerung an die Opfer der Weltkriege; früher im Schlachthof; heute auf dem Südfriedhof)

1993 schloß der Schlachthof. 1994 scheiterte ein Bürgerbegehren gegen diese Schließung vor dem hessischen Verwaltungsgericht. Jetzt konnte die neue Bebauung beginnen.

Bilder vom Schlachthof